Geräusche im Stillen


Unbekannte Geräusche störten Johanns Morgengeschäft empfindlich. Vor allem deshalb, weil er weder deuten noch orten konnte, was er da hörte. Neben seiner war die Damentoilette, aber so etwas hatte er von dort noch nie gehört und irgendwie kam es auch nicht unbedingt von dort. Er wollte der Sache nachgehen.



Für Walter begann das Wundern schon gestern Abend. Jeden Abend lief er vor dem Schlafengehen noch eine Runde mit seinem Hund spazieren. Die Hahnstraße bis zum Ende und wieder zurück. Es war nichts Außergewöhnliches, dass im Büro an der Ecke noch kurz vor Mitternacht Licht brannte und noch jemand am Computer saß. Was er aber dieses Mal sah, war verdächtig. Es brannte kein Licht im Büro, trotzdem war ein Bildschirm an und es saß auch jemand davor. Deutlich konnte man die Umrisse eines Kopfes sehen. Walter alarmierte kurz entschlossen die Polizei.



Edgar saß im Dunkeln am Computer und schwitzte. Hektisch klopfte er auf der Tastatur herum. Das Passwort seines ehemaligen Kollegen war noch gültig, damit war die erste Hürde genommen. Nur noch die Datenbankabfrage starten und dann war der Nervenkitzel überstanden. Gerade hatte Edgar die Enter-Taste gedrückt, da hörte er, wie die Glastür zum Gang aufgestoßen wurde.



"Polizei! Kommen Sie heraus oder ich schicke den Hund rein!"

Edgar hatte fürchterliche Angst vor Hunden und noch mehr Angst, entdeckt zu werden. Der einzige Ausweg war jetzt die Toilette. Von dort aus wollte er weiter sehen. Er schlich von seinem Platz weg und konnte durch ein angrenzendes Büro und den kleinen Flur entwischen.

Der Hund durchschnüffelte systematisch die Büros auf diesem Flur während Edgar bereits zitternd auf der Toilettenschüssel stand und fieberhaft nach einem Schlupfloch sann. Leise öffnete Edgar das Fenster. Paßte er hier überhaupt durch? Wie hoch war das eigentlich? Zwei lange Sekunden brauchte er, um diese Variante zu verwerfen. Auf den Flur zurückzugehen war ausgeschlossen. Sein Blick wanderte nach oben. Da war die Rettung! Genau über der Toilette konnte Edgar ein Feld aus der Zwischendecke nehmen. Das war groß genug für ihn und die Angst verhalf ihm zu einer guten sportlichen Leistung. Im Zwischenboden war es nicht besonders gemütlich, aber er fühlte sich sicher. So sicher, dass er in der Dunkelheit und der einkehrenden Ruhe irgendwann einschlief und noch am nächsten Morgen laut schnarchte.



© Claudia Wends, August 2000