Literat / Bild des Monats 06.2008

Monatsbild

Heidemarie Köhler

Montag bis Freitag

Sanne war verreist. Was sollte ich bloß anfangen ohne sie? Im Haus mochte ich nicht bleiben, da saß mir Bruno auf der Pelle, mein kleiner Bruder.

Es war schon zu kühl, um einfach draußen auf meinen Baum zu steigen, da oben versteckt zu lesen und ganze Tage zwischen den Ästen zu verträumen.

Hubert aus dem Nachbarhaus sah mich an wie ein bettelndes Hündchen, als ich mich am ersten Ferientag aufmachte, planlos, aber entschlossen, meine Freiheit zu genießen. Ich beachtete seinen Blick nicht und schlenderte an ihm vorbei, dann rannte ich los.

Die Lichtung, die Sanne und mir gehörte, war feucht, ich mochte mich nicht auf die Stämme setzen, balancieren konnte ich auch nicht, sie waren rutschig.

„Ich weiß eine Höhle“, sagte Hubert. Er stand am Waldrand, ich hatte ihn nicht abhängen können. Eine Höhle – na und? Aber er hatte mich neugierig gemacht, der dicke Hubert, Hubert der Schwamm, er ging voraus, ich folgte.

Er wusste, wo es dürres Holz gab zum Feuermachen und Zweige, um meine Behausung auszufegen. Hubert wurde mein hingebungsvoller Feitag.

Aber vor Montag musste ich ihn wieder los werden. Hubert und ich – vor Sanne? In der Klasse? Nie!

Heidemarie Köhler