Die schwarze Skulptur


Skulptur o.T., Privatbesitz
Serpentinit, >1958

>> Wie so oft schon sah er auf das kleine dezente
Schildchen an der rechten oberen Sockelecke:

Warum hatte der Künstler dieser Figur keinen Namen gegeben, fragte er
sich immer wieder.

Diese schlanke, schwarze Gestalt mit den weißen Maserungen war ganz
ohne Zweifel eine Katze. Hatte er seine Skulptur gefertigt ohne jedes
Motto? Er musste sich doch bei der Arbeit etwas gedacht haben.

Erst wenn das Museum abends schloss, ging er wie benommen nach Hause.
Grübelnd und ein wenig elend lief er durch die Straßen,
abwesend und jedes Mal einsam, als hätte er ein kostbares Gut
verloren. Schwer nur kam er in den Schlaf, wachte nachts immer wieder
auf und träumte von der schwarzen Katze.>>>

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Eines Tages stand er wie üblich vor seiner Katze, doch
diesmal ließ er sich bei dem Museumsdirektor melden.

"Sie sind mir schon aufgefallen, junger Mann", sagte der Direktor,
nachdem Paul sein Anliegen vorgetragen hatte. Er zögerte einen
Moment und fuhr dann fort:

"Signore Martello ist ein alter Mann und weil er keine Nachkommen hat,
vermachte und verkaufte er uns viele seiner Werke. Er wird seine
Gründe dafür haben, dass er weiterhin bestimmte Skulpturen
und Gemälde als Privatbesitz bezeichnet.”

Paul sah zu Boden und suchte nach Worten, die sein Ansinnen
rechtfertigten. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt,
denn der Direktor zündete sich nun in aller Gelassenheit ein
Zigarillo an und fuhr dann erst fort:

"Ich werde Ihnen die Adresse des Herrn Martello geben, und Sie können
allein mit ihm verhandeln. Er wohnt ganz in der Nähe von
Florenz."

Paul hob erfreut den Kopf und beobachtete, wie der Direktor einen weißen
Zettel hervor nahm und mit großen geschwungenen Buchstaben eine
italienische Adresse aufschrieb.