Literat / Bild des Monats 11.2013
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Nachtschwarz
Längst lag das Dorf hinter mir.
Späte Vögel stießen schrille Schreie gegen die anbrechende Dunkelheit.
Nachtfarbener Himmel hüllte die Wipfel der Bäume in tintenschwarze Schleier.
Atemlose Stille lag in der Finsternis, legte sich schwer über das Land.
Sogar der Wind hing reglos im Geäst der stummen Bäume.
Ich stand und lauschte auf jedes Geräusch, das sich in Busch und Baum zu lösen schien.
Nachtgeister, unsichtbar, erwachten zum Leben.
Ein Raunen und Wispern, Seufzen und Klagen durchbrachen die Lautlosigkeit.
Nur der Bach ließ sich nicht beirren.
Er sang sein immer gleiches Lied, ein Wiegenlied für alle müden Geschöpfe.
Und müde war ich, ließ mich nieder, verbarg mein Gesicht im feuchten Gras, dachte an nichts,
hörte mein Herz im Innern toben, als wolle es hinaus, seine Körperfessel sprengen.
Sei ruhig, mein Herz. Laß mich nicht allein zurück.
Die Welt ist voller Tücken.
Wie schnell hätte dich eines der Nachtwesen erbeutet.
Und siehst du den Jäger nicht, wie er seine Flinte hebt und auf dich zielt?
Bleib bei mir. Ich behüte dich.
Und wenn du willst, gehe ich mit dir – über den Bach hinweg,
auf ungeraden Wegen - ins nachtschwarze Ungewisse.
Du wirst sehen, der Morgen bringt es an den Tag. Das wirst du sehen.
Indem ich so mit meinem aufgeregten Herzen sprach, zerriß ein Schuß das Tintenschwarz.
Ich sank tief in mich hinein.
Mein Herz erstarrte.
Birgit Korell-Sampaio