Literat / Bild des Monats 03.2018

Monatsbild

pixabay Moxie2

Am Morgen

Heut' sah ich nichts als eine Nebelwand
ostwärts am Waldrand reglos stehn
und suchte Sonnes lichtvertraute Scheibe.
Jedoch umsonst.
Statt dessen schob sichs regenschwer heran
von Westen.
Und als der Regen sich ergoß,
war ich nicht sehr gewillt,
den Tag zu nehmen,
wie er sich heut' gestalten wollte.
Doch plötzlich riß der Nebelvorhang auf
und Sonne gleiste majestätisch hell hervor
und zündete in jedem Regentropfen
ein funklig Glitzerlichtchen an.
Ich stand ganz still,
verloren an das Blitzen
und fühlt' es noch in mir
als wieder Regen fiel.
Und ich verstand das Gleichnis wohl:
Sonne - allein - verdorrte diese Welt.
Im wechselvollen Spiel aller Naturgewalten
erfüllt das Wesen sich von Stirb und Werde
und bringt die neue Frucht hervor
in mir, um mich, allüberall.
Ich muß nur Augen haben, es zu sehn
und die Bereitschaft, es geschehn zu lassen -
ohne Widerstand.

Rosemai M. Schmidt